27.02.2024: Gemeinsam für inklusive Bildung: 15.30 Uhr Demo zur BRK-Konferenz am ALEX!

Wie ihr wisst, wurde Deutschland von den Vereinten Nationen (UN) auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention geprüft. Die Kritik am Mangel an inklusiver Bildung in Deutschland ist mehr als deutlich! Die Bundesregierung wird aufgefordert, umfassende Aktionspläne vorzulegen. Unser offener Brief* an die Bundesregierung blieb bisher unbeantwortet.

Solidaritäts- und Protestaktion #InklusiveBildungJETZT
Am kommenden Dienstag, den 27. Februar 2024, findet die BRK-Konferenz „Wie weiter nach der 2. Staatenprüfung?“ statt. Dies ist unsere Chance, unsere Stimmen zu erheben und ab 15:30 Uhr vor dem Berliner Congress Center (BCC) gemeinsam für #InklusiveBildungJETZT! zu demonstrieren!

Dienstag, 27. Februar 2024
15:30 – 16:30 Uhr
Berliner Congress Center, Alexanderstr. 11, 10178 Berlin

Social Media Protest #InklusiveBildungJETZT
Für diejenigen, die nicht dabei sein können, gibt es eine wichtige Möglichkeit, die Demo zu unterstützen: Teilt eure Protestbotschaften in den sozialen Netzwerken, verbreitet die Botschaft von #InklusiveBildungJETZT!

Weitere Hashtags dazu: #BRKKonferenz2024  #UNBRK #InklusiveBildungJETZT  #SolidaritätFürInklusiveBildung  #InklusiveBildungIstMenschenrecht

Gemeinsam für eine inklusive Bildung – wir zählen auf eure Unterstützung!

10.10.2023: #InklusiveBildungJetzt! Der Bund ist gefordert

Es besteht dringender Handlungsbedarf bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vor allem im Bereich inklusiver Bildung (Artikel 24 UN-BRK)!

Das ist die Botschaft eines Offenen Briefes, den auch der Berliner Bündnis für schulische Inklusion gezeichnet hat, der am Dienstag, den 10. Oktober 2023, in Berlin übergeben wird.

Initiatorinnen der Aktion sind Eltern von Kindern mit Behinderung aus mehreren Bundesländern, die am 29./30. August bei der UNO in Genf anlässlich der Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gegen die fehlende Realisierung der inklusiven Bildung protestiert hatten.

Eine Gruppe von Aktivistinnen  stehen vor dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, In Ihren Händen halten sie den Offenen Brief #InklusiveBildungJetzt! und Blätter mit den Logos der 130 unterzeichnenden Verbände und Organisatioen.

Unterzeichnet haben den Brief bisher mehr als 130 Verbände und Organisationen sowie mehr als 1.000 Einzelpersonen aus ganz Deutschland, darunter viele Eltern von Kindern mit Behinderung und in der Bildungspraxis und der Wissenschaft Tätige. Zu den erstunterzeichnenden Verbänden gehören zum Beispiel der Deutsche Paritätische Gesamtverband, die Sozialverbände VdK und SoVD, der Grundschulverband, die Gewerkschaft GEW, der Verband Sonderpädagogik, das Bündnis Kinder- und Jugendgesundheit, die LIGA Selbstvertretung und zahlreiche Selbstvertretungs- und Elternorganisationen.

Der Brief richtet sich bewusst nicht an die Bundesländer, sondern an den Bund. Denn Deutschland als Gesamtstaat muss sich nach der deutlichen Rüge durch den UN-Fachausschuss bei der Staatenprüfung in Genf Ende August, so die Unterzeichner, endlich seiner vollen Verantwortung für inklusive Bildung in Deutschland stellen und darf das nicht allein den Bundesländern überlassen. Janine Schott vom Berliner Bündnis für Schulische Inklusion, die gemeinsam mit anderen Engagierten in einem Protestcamp in Genf vor Ort dabei war, sagt für die Unterzeichner: „Deutschland als Ganzes ist die völkerrechtliche Verpflichtung eingegangen. Deshalb muss nun Schluss sein mit dem steten Verweis auf den Föderalismus: „Da können wir als Bund leider nichts tun.“ Und der Haltung: Wir waschen unsere Hände in Unschuld.“

Formuliert sind im Brief vier konkrete Forderungen:

  1. Der Bund muss auf umfassende Aktionspläne für inklusive Bildung durch die Länder dringen.
  2. Er muss eine einheitliche Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Bildungsbereich sicherstellen.
  3. Der Staat muss in allen Bereichen die Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention offensiv vertreten.
  4. Die Bundesregierung muss eine bundesweite Aufklärungskampagne starten, die deutlich macht: Inklusion ist Menschenrecht und damit Pflicht, keine Kür und vor allem nicht in das Belieben der Länder gestellt.

Hier kann der offene Brief an den Bund #InklusiveBildungJetzt! mit allen (bisher) Zeichnenden heruntergalden werden:

Hier können Sie den Brief noch mit unterzeichnen:

http://allianz-inklusive-bildung.de/unterzeichne-den-offenen-brief/

02.09.2023: Zurück aus Genf – Schämt Euch! Die richtige Parole für den Protest

Über 30 Eltern aus dem ganzen Bundesgebiet waren am 29. und 30. August nach Genf gereist. Sie begleiteten die Staatenprüfung der Bundesrepublik vor dem Fachausschuss der UN-BRK einem Protestcamp auf dem Place des Nations. Auch aus Berlin waren wier Aktivist:innen dabei. Leider kommen sie mit allem anderen als guten Nachrichten aus der Schweiz zurück. Denn es kann kaum eine größere Diskrepanz geben zwischen dem, was die Zivilgesellschaft zum Stand der Umsetzung der UN-BRK berichtet hat und dem, was die Bundesregierung dazu zu sagen hat.

Die erste Stellungnahme der UN zu den zwei „dollen“ Tagen fällt sehr kritisch aus: https://unric.org/de/behinderung31082023/

Hier ein Bericht zur Staatenprüfung, der auch über den Elternprotest berichtet: https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2023-08/59984562-un-kritik-an-deutschlands-umgang-mit-menschen-mit-behinderung-016.htm

Die Monitoringstelle zur Umsetzung der UN-BRK, das Deutsche Institut für Menschenrechte, veröffentlichte diese Stellungnahme am 30. August: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/aktuelles/detail/menschenrechtsinstitut-fordert-mehr-einsatz-fuer-inklusion-von-menschen-mit-behinderungen. Die Delegation war auch in Genf und besuchte das Protestcamp und sprach mit den Eltern. Außerdem erstatteten sie dem Ausschuss Bericht und verfolgten die Anhörung.

Wir waren uns im Vorfeld nicht sicher, ob diese Parole auf dem Banner für den Elternprotest die richtige ist. Leider mussten wir feststellen, dass es zur erschütternden Selbstgewissheit und Ignoranz, mit der sich der Delegationsleiter, Staatssekretär Dr. Schmachtenberg vom BMAS und auch andere Vertreter:innen (etwa der KMK) vor dem Fachausschuss präsentierten, nichts besseres zu sagen gibt.

August 2023: Deutschland vor Staatenprüfung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) – Wir protestieren mit anderen Eltern in Genf

Eltern aus verschiedenen Teilen Deutschlands setzen ein klares Zeichen für inklusive Bildung und die Gleichberechtigung von Kindern mit Behinderungen. Anlässlich der bevorstehenden Staatenprüfung in Genf am 29. und 30. August 2023 werden sich über 30 Elternteile aus acht Bundesländern vor dem UNO-Gebäude versammeln, um auf die prekäre Situation von behinderten Kindern und Jugendlichen  in Deutschland aufmerksam zu machen. Die Initiative geht von mittendrin e.V. aus Köln (Link: https://www.mittendrin-koeln.de/mitmachen/kommt-mit-nach-genf) aus und wird vom Berliner Bündnis für schulische Inklusion und weitern engagierten Elterninitiativen und Organisationen unterstützt.

Die zentrale Kritik der Eltern richtet sich gegen die mangelhafte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland. Um auf die Missstände hinzuweisen, wurde von der Elternbewegung auch eine offizielle Stellungnahme beim UN-Fachausschuss eingebracht, die die Versäumnisse der Politik und die Situation für Kinder mit Behinderungen schildert. Insbesondere bemängeln sie das Festhalten an segregierenden Sonderschulen und den Umstand, dass das sogenannte Elternwahlrecht als Rechtfertigung für den Erhalt von Förderschulen genutzt wird. Dieses scheinbare Wahlrecht erweist sich oft als Illusion, da Eltern oft nur die Wahl zwischen unzureichend ausgestatteten Regelschulen und Förderschulen haben. (Link zur englischen und deutschen Version: https://www.mittendrin-koeln.de/aktuell/detail/der-uno-ist-unser-foederalismus-egal)

„Als mein Sohn in die Schule kam, habe ich trotz Klage keinen Schulplatz an der inklusiv gut ausgestatteten Gemeinschaftsschule, in die seine große Schwester geht, bekommen, sondern musste ihn an der Regelschule mit nur einer Sonderpädagogin einschulen” erzählt Sandra Nedeleff vom Berliner Bündnis für schulische Inklusion. “Von den ihm zugemessenen 8 Förderstunden für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung findet, wenn überhaupt, nur eine in der Woche statt. Den Rest muss die einzige Sonderpädagogin der Schule im Regelunterricht vertreten – und das erleben viele behinderte Kinder an Berliner Schulen so.” Daher sei es für sie auch sofort klar gewesen, als Vertreterin des Berliner Bündnisses für schulische Inklusion mit nach Genf zu fahren und sich an dem Protestcamp der Eltern zu beteiligen.

Berlin ist dabei kein Einzelfall, denn auch andere Bundesländer weisen erhebliche Defizite in der Umsetzung der UN-BRK auf. Die Elternproteste rücken diese dringend benötigte Veränderung in der Bundesrepublik ins Licht. Die Kritik der Eltern findet Unterstützung durch namhafte Institutionen wie den Deutschen Behindertenrat und das Deutsche Institut für Menschenrechte. Beide haben ihre Parallelberichte veröffentlicht, die im Vorfeld der Staatenprüfung in Berlin vorgestellt wurden. Der Deutsche Behindertenrat bemängelt das Fehlen einer klaren Strategie für inklusive Bildung in Deutschland, während das Deutsche Institut für Menschenrechte eine allgemeine Stagnation in der schulischen Inklusion feststellt.

Der UN-Fachausschuss wird die eingereichten Parallelberichte sowie weitere Berichte aus der Zivilgesellschaft in den Beratungsprozess mit der Bundesregierung einbeziehen. Insbesondere im Bereich inklusive Bildung (Art. 24 UN-BRK) deutet sich eine Rüge Deutschlands für die mangelhafte Umsetzung der UN-BRK an.

Das Berliner Bündnis für schulische Inklusion zeigt Solidarität mit den protestierenden Eltern und beteiligt sich aktiv am Protestcamp in Genf. Vier Elternteile aus Berlin werden vor Ort sein, um sich für eine dringend benötigte Verbesserung der inklusiven Bildung einzusetzen.


Link zum Parallelbericht des Deutschen Behindertenrats: https://www.deutscher-behindertenrat.de/ID292569

Link zum Parallelbericht des Deutschen Instituts für Menschenrechte: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/parallelbericht-an-den-un-ausschuss-fuer-die-rechte-von-menschen-mit-behinderungen-zum-23-staatenpruefverfahren-deutschlands

Link zur Stellungnahme der Elternbewegung zur inklusiven Bildung in Deutschland: https://www.mittendrin-koeln.de/aktuell/detail/der-uno-ist-unser-foederalismus-egal

Link zum zweiten und dritten Staatenbericht der Bundesrepublik für den Fachausschuss der UN-BRK: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Internationales/staatenbericht-un-behindertenrechtskonvention.pdf?__blob=publicationFile&v=2

Alle Dokumente zur Staatenprüfung finden Sie bereits auf den Seiten des UN- Fachausschusses hier: https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/SessionDetails1.aspx?SessionID=2622&Lang=en


09.07.2023: Handreichung Nichtbeschulung / verkürzte Beschulung.

Information für Eltern, Schulen und Jugendämter.

Seit Monaten beschäftigt und belastet uns die wachsende Zahl von Berliner Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen, die verkürzt oder nicht beschult werden. Dies geschieht oft in einem “rechtsfreien Raum”. Selbst die neue Bildungssenatorin, Frau Günther-Wünsch, sprach im Fachbeirat im Juli 2023 von Illegalität.

Zahlen zur Häufigkeit werden noch immer nicht durch den Bildungssenat erhoben, trotz umfangreicher Hinweise und Rückmeldungen seit einigen Jahren, auch über Kleine Anfragen von Abgeordneten im Berliner Senat.

Um gegen diese Praxis von Berliner Schulen vorzugehen hat ein  Netzwerk aus verschiedenen Beratungsstellen, Vereinen, EUTBn, Initiativen, Unterstützer*innen und Jurist*innen in den letzten Monaten eine Handreichung erarbeitet. Sie besteht aus zwei Seiten:

Seite 1 ist für betroffene  Eltern. “Ihr Kind hat ein Recht auf Schule und Bildung. So nicht! Aufklärung für Eltern und Schulen.“

Die Seite 2 ist für Schulen: „Jedes Kind hat ein Recht auf Schule und Bildung. Lehrbuchweg für Schulen und Eltern.“

Die Handreichung können Sie hier herunterladen:
Handreichung Download (PDF, 324 KB, nicht barrierefrei*)
[Achtung: Das PDF ist ein A3 Format. Wenn im Druckmenü „Anpassen“ eingestellt wird, kann auch in A4 ausgedruckt werden]

Das Netzwerk wird in Kürze eine datenschutzkonforme Rückmeldemöglichkeit zur Verfügung stellen, um gemeinsam eine Datenbasis zu sammeln. Wenn Ihr Kind von solchen Maßnahmen betroffen ist oder Sie von einem solchen Fall Kenntnis haben und Zivilcourage für Sie von Bedeutung ist, hinterlassen Sie im Kontaktformular auf dieser Seite eine Nachricht, wenn wir Sie über den Start der Datensammlung  informieren sollen.

Bitte helfen Sie uns, in dem Sie die Information zur Handreichung weiterleiten, um das Menschenrecht auf Schule und Bildung für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen an Berliner Schulen abzusichern.

Vielen Dank.


    Datenschutz

    * Wir freuen uns über Unterstützung unserer ehrenamtlichen Arbeit in Form der Erarbeitung der Handreichung in einer barrierefreien Version.

    05.05.2023: Wir protestieren gegen die Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen.

    Gemeinsam mit einem breiten Bündnis aus Wohlfahrts-, Sozial- und Behindertenverbänden rufen wir am 5. Mai 2023 zur Demonstration anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung auf. Die Demonstration startet 14 Uhr am Brandenburger Tor. Von dort führt die Route zum Roten Rathaus. Unter dem Motto „Zukunft barrierefrei gestalten“ fordert das Bündnis Barrierefreiheit ohne Wenn und Aber.

    Wir gehen mit auf die Straße, um gegen strukturelle Gewalt im Bildungssystem, gegen Barrieren in den Schulen und in der Schulverwaltung zu protestieren.

    Viele Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen erleben in unserer Stadt, dass sie beim Schulbesuch benachteiligt und diskriminiert werden.

    • Einen passenden Schulplatz für das behinderte und/oder chronisch kranke Kind zu finden, ist für die Familien eine extreme Belastung. Sie werden an vielen Schulen abgewiesen – obwohl jedes Kind das Recht hat, seine Einzugsschule zu besuchen.
    • Dann werden diese Kinder von Amtswegen zu anderen, vom Wohnort weiter entfernten Schulen gefahren, wo sie entweder exklusiv, also nur mit anderen behinderten Kindern, beschult werden – oder sie finden an einer anderen Regelschulen, die sie aufnimmt, diskriminierende Rahmenbedingungen vor. Beides verstößt gegen die UN-BRK.
    • Sonderpädagog*innen fehlen an vielen Schulen. Wo sie sind, werden sie für den Vertretungsunterricht zur Sicherung des Pflichtunterrichts nicht behinderter Kinder eingesetzt anstatt für die rechtmäßige, qualitativ hochwertige Förderung der behinderten und kranken Kinder. Das ist eine strukturelle Diskriminierung von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf.
    • Manchmal sind Wissen und Kompetenz im Umgang mit den Behinderungen der Kinder und Jugendlichen in Schulen (unabhängig von der Schulform) so gering, dass von den Mitarbeitenden Konflikte mit den behinderte Schüler*innen produziert werden, die zu Suspendierungen und Schulzeitverkürzugen führen. Aktuell sind nach unserer Schätzung bis zu 1000 Schüler und Schülerinnen in Berlin von schulzeitverkürzenden Maßnahmen betroffen.
    • Mangelhafte bis gänzlich fehlende Rahmenbedingungen und Vorkehrungen, um die Bedürfnisse der einzelnen Kinder und ihre behinderungsbedingten Bedarfe zu beantworten, sind deutliche Ursachen für das Scheitern von Teilhabe in Kita, Schule und Berufsschule.

    Auch 15 Jahre nach Inkrafttreten der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) und vieler nationaler Gesetze und Richtlinien sind Menschen mit Behinderungen von einer uneingeschränkten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – so wie sie andere Menschen wahrnehmen können – weit entfernt. Für Kinder und Jugendliche beginnen schon in der Kita sehr belastende und beschämende, teils traumatisierende Erfahrungen, wenn sie als Probelm identifiziert werden und physischer sowie psychischer Gewalt ausgesetzt sind. Immer häufiger werden auch hier keine angemessenen Vorkehrungen zur Verfügung gestellt, es ist leichter diesen Anspruch auf Förderung und Bildung durch verkürzten oder gänzlich gekündigten Kitabesuch zu verwehren. Dass es anders geht, wissen wir. Dafür kämpfen wir.

    „Am 5. Mai wollen wir zeigen, dass wir viele sind und gemeinsam für die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf die Straße gehen. Daher rufen wir alle Berlinerinnen und Berliner auf, sich uns anzuschließen“, so Dominik Peter, Sprecher des Büdnisses.

    Zum Bündnis Protesttag 5. Mai, dem wir uns als  Berliner Bündnis für schulische Inklusion angeschlossen haben, gehören unter anderem der Berliner Behindertenverband, die Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin, die Lebenshilfe Berlin, der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin, der SoVD Berlin-Brandenburg sowie der Sozialverband VdK Berlin-Brandenburg.

    Die Demo startet 13.30 vor dem Brandenburger Tor mit einer Kundgebung. Ab 14 Uhr laufen wir Unter den Linden zu Alexanderplatz und sind gegen 14.45 Uhr vor dem Roten Rathaus. Dort wird es eine Abschlusskundgebung mit Bühnenprogramm und Infoständen geben. Wir freuen uns über jede und jeden, der mit uns für das Recht auf zukunftsfähige, diskriminierungsfreie schulische Bildung und Erziehung auch für behinderte und chronisch kranke Kinder in Berlin kämpft.

    Das Bündnis für schulische Inklusion findet ihr gemeinsam mit dem Sozialverband Deutschland (SoVD Berlin-Brandenburg) am Infostand vor dem Roten Rathaus. Dort informieren wir über unsere Arbeit und beraten auch zum Thema Nicht- oder verkürzte Beschulung.

    Weitere Infos: www.protesttag-behinderte.de

    Die vollständige Pressemitteilung hier herunterladen.

    23.08.2022: Gemeinsame Pressekonferenz und Erklärung: Qualitativ hochwertige Inklusive Bildung ist keine Kür sondern Pflicht!

    // Pressesprecher der GEW BERLIN // Geschäftsführer

    Presseerklärung Nr. 41/2022 von Dienstag, dem 23. August 2022

    Qualitativ hochwertige Inklusive Bildung ist keine Kür sondern Pflicht!

    Da insgesamt knapp 1.000 Lehrkräftestellen fehlen, will die Senatsverwaltung bei den sonderpädagogischen Förderstunden sparen. Das hat vor allem negative Auswirkungen auf die Schüler*innen, die dringend spezifische Unterstützung in der Schule benötigen. Bei ihrer Schuljahresauftakt-Pressekonferenz hat die GEW BERLIN gemeinsam mit Interessenvertreter*innen für Menschen mit Behinderungen und dem Berliner Bündnis für schulische Inklusion gegen dieses Vorhaben protestiert.

    Für das neue Schuljahr hat die Senatsverwaltung die Grundlage für die Berechnung des Lehrkräftepersonals (Zumessungsrichtlinie) so geändert, dass Schulen die Anzahl der sonderpädagogischen Förderstunden für Schüler*innen mit dem höchsten Förderbedarf drastisch reduzieren werden können – von 8 auf 3 Wochenstunden pro Kind. „Wenn alle Schulen von der neuen Regelung Gebrauch machen, entspricht dies nach unseren Berechnungen einem Wegfall von 500 vollen Sonderpädagogik-Stellen“, erklärte Tom Erdmann, Vorsitzender der GEW BERLIN. „Schon vorher waren die Rahmenbedingungen für Inklusion an unseren Schulen schlecht. Nun hat sich die Situation jedoch noch weiter verschlechtert. Allein die Statistik zum Lehrkräftebedarf steht durch die Maßnahme besser da“, so Erdmann.

    Betroffen von der neuen Regelung sind Schüler*innen mit Förderbedarf im Sehen (Blindheit), Hören und Kommunikation (Gehörlose) und in den Bereichen Geistige Entwicklung und Autismus. Die gekürzten 5 Sonderpädagogik-Stunden können ersetzt werden durch 7,5 Stunden, die von pädagogischen Unterrichtshilfen, Erzieher*innen oder Betreuer*innen erbracht werden. „Auch wenn das nicht nach einer Kürzung aussieht, kann eine qualitativ hochwertige Bildung für die betroffenen Kinder ohne die dafür ausgebildeten Sonderpädagog*innen nicht umgesetzt werden“, betonte Nuri Kiefer, Grundstufenleiter der Paula-Fürst-Gemeinschaftsschule und Vorsitzender der Vereinigung Berliner Schulleiter*innen in der GEW BERLIN (VBS). Kiefer warnte auch vor den langfristigen Folgen: „Es darf auf keinen Fall zu Veränderungen bei der Bedarfsermittlung an Sonderpädagogiklehrkräften kommen, denn sonst wird die adäquate Einstellung von ausgebildetem Personal und die Schaffung von Studienplätzen unmöglich. Die Lehrkräftestellen müssen weiter als solche aufgeführt werden, so dass eine Rückumwandlung jederzeit möglich ist.“

    „Die Änderung der Berliner Lehrkräfte-Zumessungsrichtlinie ist eine Ungleichbehandlung, die einer einzelnen Gruppe massiv Chancengleichheit versagt“, kritisierte die stellvertretende Vorsitzende des Landesbeirats für Menschen mit Behinderungen, Gerlinde Bendzuck. „Inklusive Bildung ist keine Kür, sondern Pflicht sowie Anspruch und Recht. Es geht um die verbrieften Rechte von Kindern mit Behinderungen auf qualitativ hochwertige Bildung, auf Gleichberechtigung, aktive Teilhabe und Schutz vor Diskriminierung gemäß UN-Behindertenrechtskonvention. Wir beobachten Rückschritte der schulischen Inklusion“, betonte Bendzuck. Sie kritisierte außerdem, dass die Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen nicht beteiligt wurde, obwohl eine Beteiligung bei allen Belangen, die Menschen mit Behinderungen direkt oder indirekt betreffen, im Landesgleichberechtigungsgesetz (LGBG) vorgeschrieben ist. Auch das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) sieht hier einen Verstoß gegen die Beteiligungspflicht und spricht sich dafür aus, eine Verbandsklage gegen die veränderte Vorschrift auf den Weg zu bringen.

    Anne Lautsch vom Bündnis für schulische Inklusion beschrieb, wie schwierig die Situation für die Familien ist: „Es gibt viele verzweifelte Eltern, die sich gezwungen sehen, ihr Kind an einer Förderschule anzumelden oder dorthin zu wechseln, obwohl sie sich für ihr Kind eine wohnortnahe inklusive Schule wünschen und eigentlich auch den Anspruch darauf haben. Angesichts der fehlenden Ressourcen und noch schlechterer Bedingungen an Regelschulen durch die vorgesehenen Änderungen fürchten sie gravierende Verschlechterungen, zum Beispiel dass noch mehr Kinder nur verkürzten oder gar keinen Unterricht mehr haben. Hinzu kommt, dass auch die Plätze an Förderzentren rar sind. In einigen Berliner Bezirken müssen Kinder auf Förderzentren in Nachbarbezirken oder gar nach Brandenburg ausweichen. Hier stellt dann die Beförderung ein zusätzliches Problem dar, da sie nicht ohne Weiteres übernommen wird .“ Die Eltern gehen davon aus, dass es in der Folge zu einem weiteren Ausbau der Förderzentren kommen wird und auch die Exklusionsquote ansteigt.

    Da die Senatsverwaltung bei nicht ausreichend verfügbaren Personalressourcen seit jeher der Sicherung des Pflichtunterrichts Priorität einräumt, kommt es ohnehin schon tagtäglich zum Ausfall von Förderstunden und zur Benachteiligung von Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarfen. „An dieser Stelle muss dringend umgesteuert werden, denn die Sicherung qualitativ hochwertiger Bildung ist ein Menschenrecht. Die Politik ist in der Pflicht, die Strukturen dafür zu schaffen. Die Kinder, die mehr Unterstützung brauchen, müssen in den Fokus gerückt werden und dürfen nicht die einzige Gruppe sein, auf deren Kosten gespart wird. Es müssen Lösungen gefunden werden, die nicht vor allem den Schwächsten schaden. Förderstunden sollten zudem verbindlich von der Vertretung ausgenommen sein“, forderte Karin Petzold, Grundschullehrerin und Leiterin des Vorstandsbereichs Schule der GEW BERLIN.

    Download der Presse-Erklärung (PDF, 544KB)

    1.06.2022: Förderstunden sind unverhandelbar! Offener Brief an die Senatsverwaltung für Bildung

    Sehr geehrte Senatorin Busse, sehr geehrter Staatssekretär Bozkurt, sehr geehrter Staatssekretär Slotty,

    schon wieder erreichen uns Nachrichten über Pläne Ihres Hauses – erneut auf Umwegen –, die Schülerinnen und Schüler mit sehr hohen und spezifischen Förderbedarfen belasten.

    Kindern und Jugendlichen mit den Förderstufen I bzw. II im Sehen (Blindheit), Hören und Kommunikation (Gehörlose), Geistige Entwicklung und Autismus wollen Sie die sonderpädagogische Förderung von 8 auf 3 Wochenstunden pro Kind reduzieren.

    Vergleiche Zumessungsrichtlinien:

    Seit dem wir von Ihren neuen Zumessungsrichtlinien Kenntnis haben, tauschen wir uns schon wieder intensiv mit Verbänden, Fachstellen, Betroffenen… aus,  wie vor vier Wochen! Die meisten Kritikpunkte unseres Bündnisbriefes vom 05. Mai 2022, denen sich weit über 40 unterzeichnende Organisationen und über 150 Einzelpersonen angeschlossen haben, treffen auch auf diese neue Ungeheuerlichkeit zu. Denn die drohende Kürzung der bereits viel zu geringen Anzahl sonderpädagogischer Förderstunden ist unzumutbar.

    Es reicht! 

    Wir, die im Berliner Bündnis für schulische Inklusion vereinten Gremien, Verbände, Vereine, Initiativen und Betroffenen, sagen:

    1. Die Höhe der Förderstunden der Förderschwerpunktgruppe 3 – es sind aktuell nur 8 h die Woche, oft fremdverwendet und intransparent für Eltern – ist unverhandelbar. Das Menschenrecht auf Bildung darf nicht durch noch mehr Betreuung, Abschiebung oder nicht notwendig qualifizierten Ressourcen in Berlin geschwächt werden!

    2. Es geht nicht nur um Quantität, wo wir uns ein gemeinsames, transparentes Verständnis wünschen, sondern auch um eine Garantie für die Qualität inklusiver Beschulung. Dem wird Ihre neue Planung, ausgerechnet bei Schülerinnen und Schüler mit sehr hohen und spezifischen Förderbedarfen in den Schulen, das bereits geringe Maß an Qualität zu abzubauen, überhaupt nicht gerecht!

    3. Wir wiederholen: Neben der vollumfänglichen Umsetzung von formellen, sächlichen und personellen Gegebenheiten, können Kinder mit ihren Kompetenzen, Bedarfen und Bedürfnissen nur dann lernen, teilhaben und ihren eigenen Ausgangslagen entsprechend gefördert werden, wenn die Qualität stimmt. Dies bedeutet, dass Kinder mit Förderbedarf, insbesondere jene mit hohen und spezifischen Bedarfen, nicht einfach nur dabei sind. Die gleichberechtigte aktive Teilnahme am schulischen Lernen in der Schulgemeinschaft ist ein Menschenrecht.

    4. Wir fordern, dass alle Kinder chancengleich und gleichberechtigt lernen. Unter den aktuellen Bedingungen heißt das, dass im selben Umfang sonderpädagogische Förderstunden ermöglicht werden müssen, wie Unterrichtsstunden in den Klassen geplant sind. Dafür ist eine Erhöhung der sonderpädagogischen Förderstunden notwendig. Chancengleiches Lernen braucht Förderstunden, und zwar Förderstunden mit Qualität.

    Wir gehen davon aus, dass das unser und Ihr Ziel ist: die UN-BRK in der Berliner Bildung umzusetzen.

    Wir  fordern  die Senatsverwaltung erneut auf, ein Beteiligungsformat einzurichten, in das alle Betroffenen und Beteiligten fortlaufend partizipativ eingebunden sind, damit Inklusion in Berliner Schulen tatsächlich Fortschritte bei der Umsetzung macht. Ohne diese Bereitschaft zur Kooperation, die nach Art. 4 Abs. 3 UN-BRK verpflichtend ist, werden erfahrungsgemäß immer wieder neue Pläne zur Umsetzung des ganzen Gegenteils von Inklusion durch Verantwortliche erdacht werden. 

    Wir sind gern bereit, Sie mit unserer Expertise und unseren Erfahrungen zu unterstützen und dabei zu beraten, wie ein kurz-, mittel- und langfristigen Umsetzungskonzept für Inklusion in Berliner Grund- und Oberschulen nachhaltig und verlässlich geplant werden kann. Nur auf so einer Grundlage gewinnen wir Klarheit über die notwendigen finanziellen Mittel und können deren Bereitstellung sichern! An den Schwächsten kann und darf nichts mehr gespart werden.

    Mit freundlichen Grüßen übereinanderliegende gezeichnete Hände als Umrisse

    Anne Lautsch und Maike Dieckmann
    für das Berliner Bündnis für schulische Inklusion

     

    PS: Unser Leitbild, unsere Forderungen und vieles mehr finden Sie auf unserer Internetseite: https://buendnis-inklusion.berlin/forderungen/

     

    Hier kann der offene Brief als PDF heruntergeladen werden.

    05.05.2022: PM #InklusionFehlanzeige – Protestaktion und Übergabe Offener Brief an den Berliner Bildungssenat

    Wir protestieren gegen die Aussage des Bildungssenats, dass „die Inklusion in Berlin für die Grundstufe bereits vollständig umgesetzt“ sei. Diese Position vertrat ein Staatssekretär der Berliner Senatsverwaltung für Bildung in der Antwort auf eine kleine Anfrage der Partei „Die Linke“, die im März veröffentlicht wurde, (siehe Seite 6).

    Protestbrief

    Die Stellungnahme der Bildungsverwaltung steht im eklatanten Widerspruch zu allem, was Familien von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen, die Mitarbeitenden in sozialen Institutionen, Verbänden, Schulen und bei Trägern, alltäglich an Mangel und Lücken in der schulischen Inklusion in Berlin erleben müssen. Deshalb fragen wir den Senat in einem offenen Brief nach seinem Inklusionsverständnis und wollen wissen:

    • Was versteht der Senat unter Inklusion?
    • Was versteht der Senat unter “vollständiger Umsetzung”?
    • Wie viele Förderschulen mit Grundstufe gibt es in Berlin?
    • Wie viele Kinder besuchen im Schuljahr 2021/22 diese Förderschulen in der Grundstufe?
    • Wie erklärt sich der Senat bei “vollständiger Umsetzung”, dass es noch Förderschulen in Berlin gibt?
    • Wie stellt der Senat sicher, dass alle Kinder mit Förderbedarfen, die Regelschulen besuchen, qualitativ denselben Umfang und dieselbe Versorgung erhalten, wie sie an Förderschulen die Regel war?

    Maike Dieckmann, vom Berliner Bündnis für schulische Inklusion, sagt dazu: „Wir empfinden eine derartige Aussage als echte Farce. Kämpfen doch so viele Familien seit Jahren um echte Inklusion an Berliner Schulen und leiden so viele Kinder unter der aktuellen Situation der Nixklusion.“

    Protestaktion

    Den offenen Brief haben mit uns über dreißig Gremien, Verbände, Iniativen und Gruppen unterzeichnet, hinter denen z.T. jeweils einige zehntausend Mitglieder stehen, und einhundert Bürger:innen. Wir werden den offenen Brief am Donnerstag, 5. Mai zwischen 15 und 17 Uhr an die Senatorin Busse und/ oder einen Staatssekretär aus ihrem Haus übergeben. Einige der größten Barrieren werden wir am 5. Mai vor der Bildungsverwaltung, Bernhard-Weiß-Straße 6, 10178 Berlin, aufbauen, um der Senatorin und ihren Staatssekretären zu demonstrieren, wie viel noch zu tun ist, bis Inklusion in der Berliner Bildungslandschaft vollständig umgesetzt sein wird. Wir vom Berliner Bündnis sind bereit, beratend und begleitend als Betroffene mit dem Senat zusammenzuarbeiten, um diese Ziele zu erreichen.

    Protestziel

    Aus Sicht des Berliner Bündnisses für schulische Inklusion kann es nur eine Grundlage für die Umsetzung von Inklusion in Berlin geben: die UN-Behindertenrechtskonvention – kurz UN-BRK, die 2009 in Kraft getreten ist, um eine gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen. Das ist verbrieftes Menschenrecht!

    Langjährige Aktivistinnen und Aktivisten rund um die Inklusive Schule in Berlin sagen dazu: “Seit 2010 machen wir häufig die Erfahrung, dass Bemühungen und konstruktive Veränderungsvorschläge von Betroffenen und Verbänden durch die Senatsverwaltung blockiert werden. Das muss sich ändern.”

    In Berlin gibt es noch immer über 60 Förderschulen, die meisten davon mit Grundstufe. Viele Kinder können nicht wohnortnah beschult werden, weil die Einzugsschulen weder die Ausstattung noch die Ressourcen haben, um den Förderbedarf umzusetzen. Oft beginnt das schon bei fehlender Barrierefreiheit für mobilitätseingeschränkte Kinder und Jugendliche, für seh- und hörbehinderte oder auch autistische Kinder. Aber auch die Lernbedingungen, die Ausstattung sowie fachliche Qualifikation und Personalschlüssel erfüllen zu selten die individuellen Anforderungen, die Kinder mit Förderbedarfen für eine inklusive Lernumgebung brauchen. Noch dazu müssen in allen Bildungsverwaltungen das Verständnis und die Wahrnehmung dafür geschärft werden, dass eine Umsetzung von echter Inklusion ALLEN Kindern zugutekommt.

    Die vollständige Pressemitteilung hier herunterladen.

    Social Media Protest #InklusionFehlanzeige

    In den sozialen Medien, (Twitter, Instagramm und Facebook) taggen wir unseren Protest mit #InklusionFehlanzeige. Bitte nutzt den Hashtag für Eure Beiträge zur Unterstützung unseres Protests.

    01.05.2022: Inklusion vollständig umgesetzt? Offener Brief an die Senatsverwaltung für Bildung

    Sehr geehrter Herr Staatssekretär Bozkurt, sehr geehrter Herr Staatssekretär Slotty,

    wir, die unterzeichnenden Gremien, Verbände, Vereine, Initiativen und Betroffene sind hochgradig irritiert von Ihrer Aussage in der Antwort zur Drucksache 19 / 11 048 (https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-11048.pdf), Seite 6 wonach …. Inklusion in Berlin für die Grundstufe bereits vollständig umgesetzt. sei.

    Diese können wir in keiner Weise nachvollziehen. Als Berliner Bündnis für schulische Inklusion haben wir einen dringenden und vor allem zeitnahen Gesprächs- und Aufklärungsbedarf. Wir beschäftigen uns z.T. seit Jahrzehnten mit dem Thema Integration, Inklusion und Teilhabe in Berliner Schulen und den konkreten Umsetzungsvoraussetzungen. Aus unserer Sicht kann von einer vollständigen Umsetzung der Inklusion in der Grundstufe in Berlin nicht im Ansatz die Rede sein.

    Wir fragen uns:
    • Auf welcher Definitionsgrundlage von Inklusion haben Sie diese Aussage getätigt?
    • Auf welche Leistungen und Zahlen stützt sich Ihre Einschätzung „vollständig umgesetzt“? 
    • Warum gibt es noch über 60 Förderschulen in den Klassenstufen 1-6, wenn Inklusion vollständig umgesetzt ist?
    • Wie viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden in 1-6 an Förderschulen unterrichtet? 
    • Wie verhält sich „vollständig umgesetzt“ zu dieser Anzahl?
    • Wie kommt es, dass Kinder mit einer Behinderung an ihren Einzugsschulen häufig gar nicht beschult werden können, da z.B. kein Fahrstuhl, keine Ausstattung und kein Fachpersonal vorhanden ist?
    • Wie wird die irritierende Behauptung begründet, dass die tatsächliche Umsetzung von Inklusion und einer inklusiven Schulen bereits personell gewährleistet sei und sich daher kein erhöhter Lehrkräftebedarf ergebe?

    Tagtäglich sind wir mit den z.T. massiven Problemen und Herausforderungen von Eltern von Kindern mit Behinderungen und Lehrenden konfrontiert. Hier nur einige Beispiele:

    1. Unzählige Familien reiben sich bei der Suche nach einer geeigneten Schule für ihr Kind mit Behinderung jedes Jahr auf: unter anderem, da viele Schulen bislang keine Fahrstühle oder rollstuhlgerechten Toiletten haben. Somit ist schon die Grundausstattung für Kinder mit Mobilitätseinschränkungen nicht gegeben.
    2. Ist die Einzugsschule aufgrund ihrer Gegebenheiten nicht in der Lage ein Kind mit erhöhtem Förderbedarf zu beschulen, ist es häufig kaum möglich, eine geeignete wohnortnahe Schule zu finden. Kinder müssen dann in die für den Wohnbezirk zuständige Förderschule. Es gibt etliche SchülerInnen mit Förderbedarf, die keinen Schulplatz haben oder nur verkürzt in die Schule gehen können.
    3. Der Lehrkräftemangel führt dazu, dass Schulhelfer*innen, Sonderpädagog*innen und weiteres Personal häufig nicht den Kindern oder Klassen mit hohen Unterstützungsbedarfen zugutekommen, sondern als Vertretungskräfte in andere Klassen abgezogen werden.
    4. Die fachlichen Kompetenzen für die sehr unterschiedlichen Bedarfe von z.B. nicht-sprechenden Kindern, Kindern mit herausforderndem Verhalten, Sinnes-beeinträchtigungen, Autismus, FASD, etc. fehlen an sehr vielen Schulen.
    5. Schulhelferstunden sind nur sehr selten an den Bedarf des Kindes oder der Klasse angepasst, die Stunden reichen nicht für den gesamten Schulalltag. Wir kennen viele Familien, die die benötigten Schulhelferstunden erst über den Rechtsstreit mit den Teilhabefachdiensten erhalten.
    6. Die Ausbildung und Zuteilung von Schulhelfer*innen ist weiterhin sehr unbefriedigend. Eine nachhaltige Strategie zur Verbesserung der Kompetenzen und Einbindung von Schulhelfer*innen fehlt bisher
    7. Der bisherige Haushaltsentwurf mit Kürzungen im Bereich Bildung sowie Lehrkräftebildung wird die Umsetzung von Inklusion in den kommenden Jahren weiter erschweren. Hier muss dringend gegengesteuert werden.

    Nach unserem Verständnis ist Inklusion dann umgesetzt, wenn:

    1. Jedes Kind mit jeder Form von Förderbedarf sofort an jeder Grundschule aufgenommen werden kann und unmittelbar alle benötigten Ressourcen zur Verfügung stehen, um eine tatsächliche Beschulung ab der ersten Stunde zu garantieren. Dies beinhaltet, dass:
    2. der personelle Bedarf des Kindes, der Klasse und der Schule zu 100% abgedeckt ist,
    3. die räumliche Ausstattung vollständig gewährleistet ist, also alle Schulen barrierefrei für Kinder mit Mobilitätshilfen (Rollstuhl, Gehhilfen etc.) und Sinnesbeeinträchtigungen vollumfänglich umgebaut sind,
    4. die sächliche Ausstattung, alle Hilfsmittel, notwendigen Materialien etc. zur Verfügung stehen,
    5. die Klassenstruktur flexibel gestaltet werden kann, um Kindern mit Bedarf an Kleinklassen und ruhiger Atmosphäre gerecht zu werden.
    6. Es keine gesonderten Förderschulen mehr gibt, sondern diese in den Pool der inklusiven Schulen mit aufgenommen werden. 
    7. Jedes Kind die individuellen angemessenen Vorkehrungen erhält, wie sie die UN-BRK in Artikel 24 Abs. 2c, d und e vorsehen
    8. Nicht nur Quantität, sondern auch die Qualität von inklusiver Beschulung garantiert ist. Neben der vollumfänglichen Umsetzung von formellen, sächlichen und personellen Gegebenheiten, können Kinder ihren Kompetenzen, Bedarfen und Bedürfnissen entsprechend lernen und teilhaben und werden ihren eigenen Ausgangslagen entsprechend gefördert. Dies bedeutet, dass Kinder mit Förderbedarf in den Klassen nicht einfach nur dabei sind, sondern gleichberechtigte Teilnehmende der Schulgemeinschaft.

    In unserem Leitbild steht: „Inklusion ist dann erreicht, wenn wir in unserer Gesellschaft alle gleichberechtigt und chancengleich zusammenleben und lernen“. Dies ist bisher in der Grundstufe nicht gegeben, an den Oberschulen gibt es noch viel mehr zu tun. Es herrscht eine eklatante Lücke zu den in der UN-BRK benannten Vorkehrungen.

    Wie auf https://www.berlin.de/sen/bildung/schule/inklusion/fachinfo/ nachlesbar, hat die Senatsverwaltung Konzepte zu den einzelnen Förderschwerpunkten vorliegen, die auch in das Rahmenkonzept “Inklusive Schwerpunktschule” eingeflossen sind. Demzufolge würde die Aussage, dass es eine flächendeckende Umsetzung der Inklusion gibt, bedeuten müssen, dass es keine derartigen Schwerpunkt-Grundschulen mehr geben dürfte. Im Übrigen fehlt eine nachvollziehbare Aussage der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, ob die Kriterien, die zu den einzelnen Förderschwerpunkten erarbeitet worden sind, zumindest in den Schwerpunktschulen bereits umgesetzt sind.

    Seit Jahren senden verschiedene Gremien und Verbände der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ihre Forderungen und Bitten um Veränderung. Das Berliner Bündnis für schulische Inklusion übergab zuletzt ihre Forderungen in Kooperation mit dem Berliner Behindertenparlament am Welttag der Menschen mit Behinderungen, dem 05.05.2021, an die Verantwortlichen, siehe hier: [Link BBP Forderungen].

    Wir sehen dringenden Handlungsbedarf in dieser Sache. Wir fordern die Senatsverwaltung auf, ein Beteiligungsformat (z.B. eine Steuerungsgruppe) einzurichten, in das alle Betroffenen und Beteiligten partizipativ eingebunden sind, damit Inklusion in Berlin tatsächlich Fortschritte bei der Umsetzung macht. Es bedarf eines kurz-, mittel- und langfristigen Umsetzungskonzeptes, das Inklusion in Grund- und Oberschulen nachhaltig und verlässlich plant und dabei auch Klarheit über die notwendigen finanziellen Mittel schafft – und deren Bereitstellung sichert.

    Gerne unterstützen wir die Organisation eines solchen Formates.

    Unsere Unterlagen, Zahlen und Berichte, aus denen wir unsere oben getätigten Aussagen ableiten, stellen wir gerne zur Verfügung.

    Unsere Forderungen können Sie hier nachlesen: Forderungen – Berliner Bündnis für schulische Inklusion (buendnis-inklusion.berlin)

    Mit freundlichen Grüßen,
    Anne Lautsch und Maike Dieckmann 
    für das Berliner Bündnis für schulische Inklusion

    Hier können Sie den offenen Brief mit den Namen aller Unterzeichnenden herunterladen.