Eltern aus verschiedenen Teilen Deutschlands setzen ein klares Zeichen für inklusive Bildung und die Gleichberechtigung von Kindern mit Behinderungen. Anlässlich der bevorstehenden Staatenprüfung in Genf am 29. und 30. August 2023 werden sich über 30 Elternteile aus acht Bundesländern vor dem UNO-Gebäude versammeln, um auf die prekäre Situation von behinderten Kindern und Jugendlichen in Deutschland aufmerksam zu machen. Die Initiative geht von mittendrin e.V. aus Köln (Link: https://www.mittendrin-koeln.de/mitmachen/kommt-mit-nach-genf) aus und wird vom Berliner Bündnis für schulische Inklusion und weitern engagierten Elterninitiativen und Organisationen unterstützt.
Die zentrale Kritik der Eltern richtet sich gegen die mangelhafte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland. Um auf die Missstände hinzuweisen, wurde von der Elternbewegung auch eine offizielle Stellungnahme beim UN-Fachausschuss eingebracht, die die Versäumnisse der Politik und die Situation für Kinder mit Behinderungen schildert. Insbesondere bemängeln sie das Festhalten an segregierenden Sonderschulen und den Umstand, dass das sogenannte Elternwahlrecht als Rechtfertigung für den Erhalt von Förderschulen genutzt wird. Dieses scheinbare Wahlrecht erweist sich oft als Illusion, da Eltern oft nur die Wahl zwischen unzureichend ausgestatteten Regelschulen und Förderschulen haben. (Link zur englischen und deutschen Version: https://www.mittendrin-koeln.de/aktuell/detail/der-uno-ist-unser-foederalismus-egal)
„Als mein Sohn in die Schule kam, habe ich trotz Klage keinen Schulplatz an der inklusiv gut ausgestatteten Gemeinschaftsschule, in die seine große Schwester geht, bekommen, sondern musste ihn an der Regelschule mit nur einer Sonderpädagogin einschulen” erzählt Sandra Nedeleff vom Berliner Bündnis für schulische Inklusion. “Von den ihm zugemessenen 8 Förderstunden für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung findet, wenn überhaupt, nur eine in der Woche statt. Den Rest muss die einzige Sonderpädagogin der Schule im Regelunterricht vertreten – und das erleben viele behinderte Kinder an Berliner Schulen so.” Daher sei es für sie auch sofort klar gewesen, als Vertreterin des Berliner Bündnisses für schulische Inklusion mit nach Genf zu fahren und sich an dem Protestcamp der Eltern zu beteiligen.
Berlin ist dabei kein Einzelfall, denn auch andere Bundesländer weisen erhebliche Defizite in der Umsetzung der UN-BRK auf. Die Elternproteste rücken diese dringend benötigte Veränderung in der Bundesrepublik ins Licht. Die Kritik der Eltern findet Unterstützung durch namhafte Institutionen wie den Deutschen Behindertenrat und das Deutsche Institut für Menschenrechte. Beide haben ihre Parallelberichte veröffentlicht, die im Vorfeld der Staatenprüfung in Berlin vorgestellt wurden. Der Deutsche Behindertenrat bemängelt das Fehlen einer klaren Strategie für inklusive Bildung in Deutschland, während das Deutsche Institut für Menschenrechte eine allgemeine Stagnation in der schulischen Inklusion feststellt.
Der UN-Fachausschuss wird die eingereichten Parallelberichte sowie weitere Berichte aus der Zivilgesellschaft in den Beratungsprozess mit der Bundesregierung einbeziehen. Insbesondere im Bereich inklusive Bildung (Art. 24 UN-BRK) deutet sich eine Rüge Deutschlands für die mangelhafte Umsetzung der UN-BRK an.
Das Berliner Bündnis für schulische Inklusion zeigt Solidarität mit den protestierenden Eltern und beteiligt sich aktiv am Protestcamp in Genf. Vier Elternteile aus Berlin werden vor Ort sein, um sich für eine dringend benötigte Verbesserung der inklusiven Bildung einzusetzen.